Zum Hauptinhalt springen

Frisch, frech, fein!

Die Coolen

Die „Coolen“ mal ohne ihr Markenzeichen, die Sonnenbrillen, erleben – das konnten die überaus zahlreichen Zuhörer in der Martinskirche in Bad Camberg. Nun ja – viel mehr sehen konnte Sänger und Zuhörer trotzdem nicht, war doch die Kirche lediglich durch Kerzenlicht erhellt und allein der Chorraum in farbige Lichtspiele getaucht.

Bad Camberg.

Wirkungsvoll aus der Dämmerung erklang der grandiose Auftakt des Konzertes: „Also sprach Zarathustra“ von Strauß, ein Stück, das mit – stimmlichen – „Pauken und Trompeten“ der 20 Sängerinnen und Sänger seine Signalwirkung nicht verfehlte. Dass sich ausgerechnet dieser Chor „die Coolen“ nennt, ist schon verblüffend, schicken sie einen doch mit ihrem ganz speziellen Sound und der Liedauswahl von einer Gefühlswelt in die nächste.

Nach der beeindruckenden Eröffnung erklang ein locker lässiges „I Sing you sing“ (The Real Group), herrlich swingend und zum entspannten Zurücklehnen. Gebannt verließ man dann beim nächsten Lied die „Anlehnposition“, um zu verfolgen, was kommt. Die Sängerinnen und Sänger verteilen sich in der Kirche, Lonsome Road von James Taylor wird angestimmt, und von überall her ertönt ergreifender Gesang, der direkt unter die Haut geht. Schon beim nächsten Programmpunkt geht die Ergriffenheit wieder in ein erheiterndes Schmunzeln über: „Kommt ein Wölkchen angeflogen“ – ganz viele Zuhörer hatten diese Melodie sicher noch bestens im Ohr und ja, es war tatsächlich die „Wessi“-Version des Sandmännchen Liedes. Allerdings diente dieser gelungene Gag lediglich zur Überleitung auf den „Mr. Sandman“ von The Chordettes. Auch hier kam der groovige Sound des Chores bestens zur Geltung.

Nach dem Song „Somebody that I used to know“ machten die „Coolen“ die Bühne frei – Dirigent Ulrich Diehl allerdings blieb: Der „betönend schöne“ Gastchor aus Ginsheim, die „Klangsirenen“, standen ebenfalls unter seiner Leitung. Dass es sich bei diesem Frauenchor um eine ganz spezielle Truppe handelte, wurde ziemlich schnell klar. Unterhaltsam, frech und herrlich erfrischend gaben die Damen Einblicke in den „normalen“ Choralltag. Klangsirenen sind kommunikative Wesen, so die Ansage, und das ein oder andere Mal wünscht der Dirigent sicher auch mal: „You took the Words right out of my mouth.“ Und dann erklingt dieser tolle Meat-Loaf-Song genauso, wie man ihn mag: kraftvoll, mit viel Gefühl und klasse Stimmen. Bestens gelungen waren auch „Hymn“ von Barclay James Harvest und Eternal Flame (Bangles). Herrlich auch das Medley aus vier gleichzeitig erklingenden Songs, mit dem die Frauen mit viel Humor und Können demonstrierten, wie das mit der „Eintracht“ im Frauenchor so laufen kann. Da hat’s der Chorleiter nicht immer leicht, trägt es dann aber doch mit Fassung, wenn er nach zweimaligem Tonangeben aufgefordert wird: „Ach Uli, mach’s doch noch einmal!“ Und zum Ende danken es ihm die Damen ja auch – und singen nur für ihn „Your Song“ und setzen noch eins drauf: Wir haben mit Uli gefunden, was die Queens noch suchen: „Somebody to Love“. Wobei das Publikum an diesen Songs natürlich auch ganz viel Freude hatte.

Danach zogen die „Coolen“ nochmal alle Klang-Register und zeigten mit van Halens „Jump“, was sie rhythmisch und lautmalerisch drauf haben. Richtig unter die Haut ging dann wieder „Still“ von Jupiter Jones – der Titel wurde in Erinnerung an den im August verstorbenen Mitsänger Stefan Mack gesungen, die Ergriffenheit während des Vortrags war allgegenwärtig. Ein großartiger Schlusspunkt war dann John Miles „Music was my first Love“ in einem Sound, der dem eines Orchester sehr nahe kam.

Zur Freude des Publikums wurden danach noch zwei Zugaben von beiden Chören gemeinsam geboten. Und was bei den Einzelauftritten schon spürbar war, wurde jetzt erst recht deutlich: Der Chor war mit Begeisterung dabei, und genau das macht für den Zuhörer das Konzerterlebnis richtig perfekt.

Artikel in der Nassauische Neue Presse am 12.11.2014 von Gertrud Brendgen.

Zurück